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50 Jahre Empor Stendal - Ein Rückblick zur Vereinsgeschichte

Im Folgenden haben wir Euch einmal ein Stück Vereinsgeschichte veröffentlicht. Der ehemalige Vereinsvorsitzenden Gerhard Krüger hat anläßlich des 50. Geburtstag des Vereins dessen Geschichte durchleuchtet und niedergeschrieben. Ein interessantes Dokument, dass dazu dient, die Vereinsaktivitäten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Viel Spass beim Lesen!!!

 

Eure Redaktion

 

 

Anläßlich des Jubiläums von 50 Jahre Empor Stendal schrieb der Vereinsvorsitzende Gerhard Krüger im Juni 2001 den folgenden offenen Brief.

 

Aus der Vereinsgeschichte von EMPOR Stendal

 

Die BSG EMPOR Stendal wurde am 28.Juli 1951 gegründet. Einziger verfügbarer Beleg für diesen Akt ist eine Einladung zur Gründungsfeier der BSG an diesem Tag um 20.15 Uhr im Kulturraum der KONSUM Nahrungs- und Genußmittelwerke Stendal, Arneburger Straße. Bestandteil des Programmes waren Referate des Vertreters des Kreissportausschusses und des Leiters der SV EMPOR Sachsen-Anhalt. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits ein Jahr lang die BSG Konsum. Die im Programm enthaltene Losung lautete:

 

“Zur Entfaltung einer Volkssportbewegung ist die Initiative und praktische Hilfe aller fortschrittlichen Kräfte notwendig, besonders die der Partei der Arbeiterklasse als der entscheidenden Kraft in unserer Deutschen Demokratischen Republik.
Vorwärts zur Volkssportbewegung!
Jeder Betriebsangehörige- Mitglied der demokratischen Sportbewegung.“

 

 

Und daraus wurde Ernst. Aus einem noch vorhandenen Mitgliederbuch der damaligen Zeit konnte ich 328 aufgelistete Vereinsmitglieder der BSG EMPOR Stendal ermitteln.

Interessant ist sicher auch, daß am Sonntag, dem 29.Juli 1951, also einen Tag nach der Gründungsfeier, ein Fußball-Großkampf BSG Chemie Halle – BSG Empor Stendal auf dem Sportplatz in Wahrburg stattfand. Das Vorspiel bestritten die Alten Herren von Lokomotive Stendal und Empor Stendal. Mit diesem Vorspiel begann der Reigen des immer wieder interessanten und brisanten Kräftemessens zwischen beiden Vereinen.

Aus einem alten Vereinskopfbogen ist ersichtlich, daß unsere Sportler vor 1959 mindestens in acht verschiedenen Sportarten aktiv waren. Es bestanden damals die Sektionen Fußball, Kegeln, Gymnastik, Handball, Schach, Turnen, Tischtennis und Volleyball. In einem Sportplan der BSG für 1981 sind nur noch vier Sektionen aufgeführt, nämlich Fußball, Kegeln, Gymnastik und Tischtennis. Mir ist aus dieser Zeit in Erinnerung, daß die Tischtennissportler nicht direkt in der BSG tätig waren, aber für die Statistik so geführt wurden.

Die Statistik wurde zu damaliger Zeit auch innerhalb des Vereins so verbogen und beschönigt, wie es von den vorstehenden Gremien des DTSB erwartet wurde. Der v.g. Sportplan für 1981 sagt u.a. aus, daß unser Verein 548 Mitglieder gehabt haben müßte, davon 144 weibliche. Planziel zum 31.12.1981 waren 553 Mitglieder, denn es mußte ja weiter vorwärts gehen. Es hätten demnach bestanden

     im Fußball                 12 Mannschaften mit 231 Mitgliedern

     im Kegeln                   4            “                  83         “

     in der Gymnastik         1            “                228         “

     im Tischtennis             1            “                    6         “

Diese Zahlen stammen vom 10.09.1980. Für den Vorstand hat Gerhard Rode unterschrieben. Er war gleichzeitig Mitarbeiter des DTSB-Kreisvorstandes. Was wäre wohl gekommen, wenn wir diese Zahlen innerhalb einer neutralen Überprüfung hätten nachweisen müssen? Aber so hat eben auch der DTSB-Kreisvorstand seinen Plan erfüllt!

Es ist nicht mehr nachvollziehbar, seit wann für unsere BSG das Prinzip der Trägerbetriebe angewendet wurde. Vielleicht war es ein langsam wachsender Prozeß, bei dem die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) dazu verpflichtet wurden, einen Teil ihres Etats zur Finanzierung des Sports in den BSG’n an diese abzuführen. Unserer BSG waren schwerpunktmäßig die BGL der lebensmittelverarbeitenden Betriebe und des Lebensmittelhandels zugewiesen. In den achtziger Jahren hatten wir bis zu 18 solcher Trägerbetriebe, aber nur theoretisch. In der Praxis war es für unseren Hauptkassierer unmöglich, von allen den Finanzierungsanteil einzutreiben. Zu viele kamen dieser Pflicht trotz mehrfacher Aufforderung nur teilweise oder gar nicht nach. Selbst der FDGB-Kreisvorstand konnte dabei wenig für uns ausrichten.

Das Prinzip der Trägerbetriebe sollte eigentlich zum beiderseitigen Vorteil angewendet werden, also ein Geben und Nehmen sein. Für die finanzielle Unterstützung der BSG wurde den Betrieben die Möglichkeit geboten, sich direkt im Verein oder durch angeschlossene Gruppen sportlich zu betätigen. Naturgemäß war die Interessenslage sehr unterschiedlich und direkt davon die Qualität der Zusammenarbeit abhängig.

Tradition hatten z.B. die Reibereien zwischen den Mannschaften der BSG und der Hansa-Brauerei. Es hat lange gedauert, bis sich eine echte Vernetzung ergab und alle an einem Strang zogen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Giesbert Hoffmann, der sich als Brauereimitarbeiter und gleichzeitiger Sektionsleiter Fußball große Verdienste erworben hat.

Unter der Rubrik Trägerbetriebe hat auch das Fleischkombinat Stendal zeitweise in den achtziger Jahren eine bedeutende, aber auch z.T. vereinsschädigende Geschichte geschrieben. Der damalige Betriebsleiter Gerhard Thiemann war früher auch als Empor-Fußballer aktiv. In seiner Brust schlugen zwei Herzen, ein kleines für unsere BSG, ein großes für Lokomotive Stendal. Erst als man ihm bei Lok deutlich zeigte, daß seinem Einfluß auch hier Grenzen gesetzt sind, kam ihm aus Verärgerung die Idee, den Empor-Fußball dank seiner finanziellen und sonstigen Möglichkeiten zum Konkurrenzunternehmen zu entwickeln. Durch Vorstand und Sektionsleitung unserer BSG ging ein Riß, sich für oder gegen eine solche Entwicklung zu entscheiden. Aus der Erkenntnis heraus, daß man Erfolg oder Mißerfolg erst beurteilen kann, wenn man es probiert hat, wurde dieses Bündnis im Interesse der sportlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingegangen. Bedenken hatten alle, die diesen Entschluß mit tragen sollten. Für einige waren sie so groß, daß sie die Zusammenarbeit mit den in Aussicht stehenden neuen Führungskräften nicht eingehen wollten.

Im Ergebnis wurde speziell in der Sektion Fußball vieles aufgebaut und voran gebracht. Sportliche Erfolge wurden erzielt, auf die wir hätten stolz sein können. Es war aber in der Leitungstätigkeit auf Sektions- und Vorstandsebene von Anfang an der Wurm drin. Egoistisches Handeln, untragbare Eigenmächtigkeiten, eine unmögliche Einstellung zur Leitungstätigkeit hatten zur Folge, daß keine ausreichende Vorstandsarbeit mehr stattfand. Lange, vielleicht zu lange, haben wir diesen Zustand im Interesse des Vereins ertragen. Die Alternative wäre gewesen, daß uns das Fleischkombinat verläßt und damit die Sektion Fußball wegen fehlender Finanzen zusammenbricht.

Weiteren Ärger auf dieser Strecke hat uns die Wende mit ihren Auswirkungen erspart. Am 23.10.1989 hatten wir noch eine BSG-Wahl, bei der zwei Vertreter des Fleischkombinates in den Vorstand gewählt wurden. Bereits am 25.06.1990 gab es die BSG und diesen Vorstand nicht mehr. An diesem Tag erfolgte auf einer Mitgliederversammlung die Umgründung des Vereins SG EMPOR Stendal e.V. Auch ein neu gewählter Vorstand nahm an diesem Tag die Arbeit auf. Die Vertreter des Fleischkombinates hatten sich zwischenzeitlich dabei gemacht, unsere Fußballmannschaften mit großen Versprechungen zum FSV Lok Altmark Stendal umzusiedeln. Geblieben ist uns bekannterweise nur die Altherrenmannschaft. Der Empor-Vorstand und viele Mitglieder haben für diese unfaire Handlungsweise bis heute kein Verständnis aufbringen können.

Die Wende machte aber nicht nur aus der BSG Empor Stendal eine SG Empor Stendal e.V., aus Sektionen Abteilungen, aus Sportfreundinnen und Sportfreunden Sportkameradinnen und Sportkameraden. Die Anerkennung als gemeinnütziger Verein mit dem erfolgten Eintrag ins Vereinsregister des Kreisgerichts Stendal am 13.07.1990 gibt uns über unsere Satzung die Verpflichtung vor, den Breitensport zu pflegen und zu fördern. Diesem Grundgedanken sind der Verein und sein Vorstand bis heute immer nachgekommen. Die Struktur in den Abteilungen Fußball, Kegeln und Gymnastik ist darauf ausgerichtet. So sollte es auch bleiben.

Finanzielle Nöte hatten wir schon oft, seit der Wende haben wir sie immer. Unsere Vereinsstruktur macht es uns sehr schwer, Sponsoren zu finden, die uns finanziell ausreichend unter die Arme greifen könnten. Unsere Werbewirksamkeit ist leider sehr begrenzt. Um so mehr freuen wir uns, wenn wir Sportbegeisterte oder Firmen finden, die uns durch Geld- oder Sachspenden in Einzelfällen unterstützen. In der Vergangenheit halfen uns das Autohaus Bandel, die Künstlerin Conny Walnsch, das BMW-Autohaus, die Gaststätte „Bierbaum“, die Doreen-Widiger-Immobilien, die griechische Gaststätte „Athen“, die Stadtwerke Stendal, die „Altstadt-Bierstube“. Speziell zur Ausgestaltung der Feier unseres 50jährigen Vereinsjubiläums haben uns die Stadtwerke und die Kreissparkasse Stendal unterstützt. Allen nochmals an dieser Stelle unseren besten Dank.

Wie stellt sich nun unser Verein im 50. Jahr seiner Gründung dar?

Aus der Bestandserhebung zum Jahresende 2000 geht hervor, daß wir insgesamt 58 Mitglieder zählten, davon 22 weibliche und 36 männliche. Es bestehen seit der Wende die Abteilungen Fußball mit 21, Kegeln mit 21 und Gymnastik mit 16 Mitgliedern. Dabei schwankt die Mitgliederzahl immer um die 60 bzw. knapp darunter. Ein Blick auf die Altersstruktur ergibt folgendes Bild:

bis 40 Jahre              14 Mitglieder

     bis 50 Jahre              13       „

     bis 60 Jahre              11       „

     über 60 Jahre            20      „

Rund ein Drittel unserer Mitglieder ist also z.Z. älter als 60 Jahre. Auch ein Beleg dafür, wie sehr wir auf den Breitensport, speziell auch auf den Seniorensport, ausgerichtet sind.

In der Vorstandsarbeit hat sich seit Jahren folgende Zusammensetzung bewährt: Vorsitzender, Kassenwart, Abteilungsleiter Fußball, Kegeln und Gymnastik. Über die regelmäßigen Vorstandssitzungen erfolgen Anleitung und Kontrolle der Abteilungen.

In der Abteilung Fußball wird lediglich Altherrenfußball gespielt. Eine Kleinfeldmannschaft kämpft jährlich in der Halle um die Stadtmeisterschaft mit. Auf dem Großfeld wird eine Vielzahl von Freundschaftsspielen ausgetragen. Die erreichten Erfolge können sich sehen lassen.

Die Abteilung Kegeln ist im Punktspielbetrieb mit einer Frauen- und einer Männermannschaft vertreten. Auch hier sind gemessen an unseren Möglichkeiten z.T. sehr gute Leistungen erreicht worden.

In der Abteilung Gymnastik ist man wenig auffällig, aber trotzdem intensiv sportlich aktiv und läßt auch den geselligen bzw. kulturellen Teil nicht zu kurz kommen. Die stabile Mitgliederzahl zeugt davon, daß dort eine gute Arbeit geleistet wird.

Nun einiges zu den Übungs- und Wettkampfstätten.

In der Fußballgeschichte unseres Vereins gab es Zeiten, in denen der uns zugesprochene Sportplatz „Haferbreite rechts“ nicht ausreichte , um all unseren Männer- und Nachwuchsmannschaften einen umfassenden Übungs- und Wettkampfbetrieb zu ermöglichen. Durch das unrühmliche Abwerben unserer Stammannschaften zur Wendezeit verblieb lediglich der Bedarf der Altherrenmannschaft. Da beim FSV Lok Platzbedarf nicht abgedeckt werden konnte, wurde der bisherige Empor-Platz in der Nutzung weitestgehend dem FSV Lok zugesprochen. All unsere Einsprüche und Proteste führten lediglich dazu, daß unserem Verein ein Mitnutzungsrecht zugebilligt wurde. Auch wenn wir noch so stolz auf die in der Vergangenheit geleisteten vielen Arbeitsstunden und die erreichten Ergebnisse sind und bis heute das Gefühl besitzen, es sei doch unser Empor-Platz, wir müssen uns mit den tatsächlichen Gegebenheiten abfinden und die aktuellen Regelungen schweren Herzens akzeptieren. Natürlich werden wir auch weiterhin darum kämpfen, daß man uns nicht total von diesem Platz verdrängt. Aber so unfair wird die Stadt Stendal doch wohl mit unserem Traditionsverein nicht umgehen, oder?

Der Kleinfeldfußball in Form der Stadtmeisterschaft wird in der Sporthalle Haferbreite durchgeführt. Hier gibt es Dank der Sanierungsmaßnahmen für alle Mannschaften gute Voraussetzungen.

Unsere Kegler haben vor einiger Zeit den Wechsel von der Stadtsee-Bahn zur Kegelbahn in der Sporthalle Haferbreite vollzogen und sind mit diesem Schritt mehr als zufrieden. Leider hat die Stadt Stendal die Bahn an den KC Einheit verpachtet. Dadurch mußten wir uns wie alle anderen Nutzer in ein Mietverhältnis mit dem KC Einheit begeben, über das wir von Anfang an nicht besonders glücklich waren. Froh sind wir darüber, daß uns der Kantinenraum weiterhin zur Verfügung steht und damit auch der gesellige Teil der wöchentlichen Übungsabende nicht verloren gegangen ist.

Für unsere Gymnastikfrauen ist es trotz einiger Gefährdungen durch die jährliche Neuvergabe bei der Nutzung der Sporthalle des Hildebrand-Gymnasiums geblieben. Das ist für unsere Damen im gesetzteren Alter ein wesentlicher Punkt, denn nicht jede traut sich in den Wintermonaten abends auf Stendals dunkle Straßen, um zum Übungsabend zu fahren oder zu gehen. Unter diesem Aspekt ist die zentrale Lage am Mönchskirchhof von wesentlicher Bedeutung. Da findet man sich schon lieber mit den mäßigen Hallenbedingungen ab.

Sport zu treiben aus Spaß an der Freud‘ ist eine schöne Sache, aber dafür müssen Voraussetzungen geschaffen sein. Man muß beispielsweise die kostenlose Bereitstellung von Sportstätten durch die Stadt Stendal sehr hoch bewerten. Leider tröstet das unsere Kegler kaum, denn sie müssen das nicht zu vermeidende Mietverhältnis durch zusätzliche finanzielle Umlagen tragen.

Neben den Sportstätten und Sportlern muß es aber in jedem Verein auch eine ausreichende Zahl an Trainern bzw. Übungsleitern, Kampf- und Schiedsrichtern, Betreuern und Funktionären geben, damit er eine den Anforderungen entsprechende Struktur erhält, vernünftig arbeiten und auf Dauer überleben kann, z.B. auch die mit tiefen Einschnitten verbundene Wendezeit. Es gab noch nie Zeiten, in denen Mitglieder sich nach solchen ehrenamtlichen Tätigkeiten drängten, und doch ist es immer wieder weiter gegangen im Verein. Auch die Politiker haben inzwischen erkannt, daß dem Ehrenamt eine besondere Bedeutung und Würdigung zukommt. Deshalb von mir an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die über lange Jahre Empor Stendal die Treue gehalten, eine gute Vereinsarbeit geleistet und dafür gesorgt haben, daß wir uns in unserem Verein immer wohl gefühlt haben. Damit das auch in Zukunft so bleibt, appelliere ich an alle, daß sich immer wieder jemand findet, der eine in dieser Hinsicht sich auftuende Lücke wieder schließt. Ein Ehrenamt ist nicht nur eine Belastung. Es kann auch viel Freude bereiten, für andere da zu sein. Und der Sport ist dafür mit Sicherheit nicht das schlechteste Betätigungsfeld.

Laßt uns zusammen die nächsten 50 Jahre Vereinsgeschichte Empor Stendal angehen und mit gestalten!

Stendal, im Juni 2001


Krüger
Vorsitzender

 

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